Neues aus dem Norden!

Versprechen darf man nicht brechen, so sagt der Volksmund. Und da ich ja bereits vollmundig im letzten Beitrag verkündet habe, dass es mal wieder ein paar mehr Neuigkeiten an dieser Stelle geben soll, möchte ich mich natürlich auch daran halten! 😉

Es ist also genau ein Jahr her, seitdem wir die alte Heimat verlassen haben und uns in eine neue, ungewissere Zukunft aufgemacht haben. Für alle diejenigen unter Euch, die jetzt auf ein ausführliches Resümee warten – ich denke das wäre verfrüht. Wer kann schon nach so kurzer Zeit wirklich einen vollumfänglichen Eindruck gewinnen? Aber – und soviel sei gesagt – wir fühlen uns hier sehr wohl, trotz der für alle schwierigen, letzten Monate. Mit jedem Tag lernen wir mehr und neue Dinge, lernen neue Menschen kennen und natürlich intensivieren wir auch die sprachliche Ebene weiterhin.

Letztes Wochenende durften wir mal wieder in Deutschland sein – sozusagen eine kurze Stippvisite, gerade einmal eine Übernachtung. Trotz des Stresses war es schön liebe, alte und bekannte Gesichter wiederzusehen! Und genau das ist die Kehrseite der Medaille – diese Menschen fehlen uns hier!

Achja, natürlich darf ich nicht vergessen auch auf einen Eurer Kommentare zu reagieren. Wir haben (natürlich nach anerkannten, wissenschaftlichen Regeln) eine These aufgestellt: Gutes Wetter bringen immer nur gute Freunde mit wenn sie hierher kommen, ansonsten ist es grau und regnerisch. Und ich würde behaupten wollen, dass diese These bisher wissenschaftlichen Tests standhielt. Wann immer Freunde uns besuchen kommen, bringen diese gutes Wetter mit! Kaum einen Tag nach Abreise regnet es dann wieder… 😉 Wir werden dieses Experiment natürlich weiterhin wissenschaftlich begleiten und an dieser Stelle wieder berichten! 🙂

Oberster Punkt des ungefähr 60 Meter hohen Wasserfalls in Südschweden!

So, jetzt aber mal zu den wirklich spannenden Neuigkeiten! Die Schweden beginnen gerade eifrig damit, die Bäume entlang der Strassen abzuholzen und stattdessen Äquivalente aus Gummi zu installieren. Warum? Ganz einfach – Mia steht kurz vor ihrem AM-Führerschein, und dann werden die Strassen hier schlagartig unsicher! 🙂 🙂 Natürlich freuen wir uns und drücken die Daumen – sozusagen allzeit gute Fahrt und stets einen vollen Tank.

Claudi ist unterdessen eher selten daheim, und das liegt tatsächlich schlicht daran, dass sie seit einiger Zeit arbeitet. Ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein grosser Schritt für sie und uns – lernen wir doch so noch mehr die Details und Eigenschaften des schwedischen Lebens kennen. Aber dazu wird sie sicherlich bald mal wieder ein paar eigene Zeilen verfassen.

Unterdessen haben es auch „unsere“ Maler geschafft, das Haus fertigzustreichen. Toll ist es geworden, es erstrahlt wieder in frischen Farben und gibt uns hoffentlich auch wetterschutztechnisch Ruhe für die kommenden Jahre. Achja, und trotz der langen Dauer (so circa 4,5 Wochen) haben die Maler wirklich tolle Arbeit hinterlassen und nebenbei waren auch die zahlreichen Fikas und Pausen immer schön – sehr sympathische Menschen! 🙂

Alt und neu im direkten Vergleich! Es ist schön geworden.

Till fiebert derweil seinem 13. Geburtstag entgegen – und hat das Mountainbikefahren im Verein für sich entdeckt, und glücklicherweise auch mittlerweile einen Freund hier gefunden, mit dem er sich prima versteht. Das freut natürlich nicht nur ihn, sondern auch uns ganz besonders. Jetzt stehen die ersten Elterngespräche in der Schule an, aber was wir bisher vernehmen konnten, machen sich beide Kids ganz prima und sind nach wie vor unglaublich motiviert! Bravo!!

Was mich selbst angeht so brechen auch bei mir wieder einmal neue Zeiten an – ich wurde letztes Jahr gefragt, ob ich nicht hier vor Ort Computerkurse geben wollen würde – so ähnlich wie in DE bei der VHS. Für mich also eine willkommene Möglichkeit meine Sprache weiterzuentwickeln, aber auch neue Menschen zu treffen. Ansonsten habe ich mich bei den schwedischen „Fak´ern“ 🙂 angemeldet, das ist ein Verbund der in ganz Schweden dafür zuständig ist, im Krisenfall (oder z.B. bei grossen Waldbränden) schweres Gerät wie LKW`s, Raupenfahrzeuge etc. zu den Einsatzorten zu schaffen. Ich darf zwar (weil ich keine SE-Staatsbürgerschaft besitze) noch nicht zu 100% mitmachen (weil es einen militärischen Hintergrund hat), aber die Grundausbildung und einige Spezialausbildungen stehen in den kommenden Wochen an und auf die freue ich mich ebenso! Ich werde berichten! 🙂

Im letzten Artikel habe ich ja auch das Thema „Selbstversorgung“ erwähnt – heute möchte ich gerne darauf zurückkommen! Bei dem Wort denken die Meisten ja gleich an Garten und Gemüse, in meinem Falle aber ist es heute eher die flüssige Selbstversorgung.
Seit ich in jungen Jahren die Vielfalt der süddeutschen Brauhauskultur kennenlernen durfte, hat mich der Geschmack von leckerem, süffigem und vollmundigem Bier nicht mehr losgelassen. Wer einmal so etwas getrunken hat, am Besten ganz frisch aus der Brauerei, der weiß dass zwischen dem Industriebier (für ´nen 10er den Kasten) und dem „richtigen Bier“ himmelweite Unterschiede bestehen.

Ich habe schon vor zig Jahren die ersten zaghaften Versuche damit gemacht, es selbst herzustellen, aber eher noch sehr amateurhaft. Hier haben wir nun ein paar mehr Möglichkeiten und so habe ich dann auch das Thema wieder etwas ernsthafter begonnen. Und siehe da – die ersten Sude mit der neuen Anlage sind seeeehr lecker und überaus gelungen. Neben Kölsch, Pils, Lager und Weizen gärt gerade ein „It´s a girl*“ Bier in den Tanks – ein sommerliches Himbeerweizen! Und natürlich ein schönes, bayrisches Helles!

Für die unter Euch, die gar keine Idee haben, wie das eigentlich geht, hier mal in Kürze die Schritte in stark vereinfachter Form und Auflistung:

  • verschiedene Malze schroten
  • Einmaischen (Malz mit Wasser vermengen)
  • dann kommen die verschiedenen „Rasten“ – da wird aus dem Malz der Zucker / Stärke extrahiert
  • Anschließend haben wir „Würze“, diese wird dann gekocht
  • Hopfen hinzugeben
  • Schnell runterkühlen
  • In den Gärtank füllen
  • Hefe dazugeben
  • Warten
  • Abfüllen in Flaschen oder Fässer
  • Lagern
  • Kühlen
  • Geniessen!

Diese Liste sieht einfach aus, aber in Summe reden wir da über einen Zeitraum von mehreren Wochen, teilweise Monaten wenn man die Reifung und Lagerung einkalkuliert – alleine der Brautag ist tatsächlich nahezu ein ganzer Tag. Man sieht also, da bekommt das „mal eben fix getrunkene“ Bierchen doch eine ganz andere Werthaltigkeit!

Der Brauer macht die Würze,
die Hefe macht das Bier!

unbekannter verfasser

Stimmt! Das was in den Gärtank kommt, ist ersteinmal nur sehr süsses, nach Malz schmeckendes Wasser. Erst die Hefe wandelt den Zucker in Kohlensäure und Alkohol um. Ob ich nach dem „Deutschen Reinheitsgebot“ braue, fragt ihr Euch? Teils teils. Im Wesentlichen schon – und alleine nur durch die unterschiedlichen Malze, Hopfen und Hefenstämme lassen sich schier unendlich Biersorten kreieren. Aber – wie oben schon erwähnt – aktuell fermentiert das „It´s a girl*“ und da sind auch Himbeeren drin. Warum auch nicht, Hauptsache es schmeckt! 🙂

Das Thema ist unendlich, und man kann Bücher darüber schreiben. Und nicht umsonst gibt es neben dem Beruf des Brauers auch verschiedene Studiengänge dazu – vom Wasser über Malze bis zur Hefe; man kann alles bis ins Detail erforschen. Ich jedoch reduziere die Wissenschaft ein wenig und fokussiere mich eher auf das Ergebnis – das ist es doch, was am Ende des Tages zählt! Derzeit sind (leider) maximal nur circa 60 Liter parallel möglich. Da limitieren mich die Gärtanks. Die sind leider nicht ganz günstig – aber die nächste Anlage ist schon in Planung, dann darf´s auch ein wenig mehr sein. 🙂
Achja, der Ordnung halber – das mache ich natürlich nur privat (eget behov) für mich und uns (§2 Abs. 2, Alkohollag (1994:1738) ), und Freunde bekommen gerne auch mal ein Bierchen ab – so sie denn hier sind. Verkaufen darf ich selbst nicht (försäljning), könnte es aber im schwedischen „Systembolaget“ nach Anmeldung und Prüfung. Will ich aber (noch) nicht. Auch der Alkoholausschank (servering) hier in Schweden ist sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, streng reglementiert – und momentan ist das auch (noch) nicht meine Absicht.

Aber – was nicht ist, kann ja noch werden. Na dann: Skål!

Hier noch ein paar Impressionen, dann kann man sich es vielleicht etwas besser vorstellen.

Die Läuterphase - hier wird das Malz entfernt und die Würze bleibt übrig.
« von 9 »

Dieser Bericht ist mal wieder etwas länger geworden, aber so war es auch versprochen! Bleibt gesund, bleibt uns gewogen und passt auf Euch auf!

P.S. Vielleicht denkt ihr Euch gerade – „ah, guter Punkt, das wollte ich schon immer einmal zum Thema Bier & Brauen wissen!“ Kein Problem – schreibt doch Eure Fragen einfach in die Kommentare oder ueber das Kontaktformular – vielleicht machen wir einfach mal ein Video mit Fragen & Antworten! 🙂

P.P.S. Wer mit dem Titelbild nichts anfangen kann – das sind Pfifferlinge in der freien Natur, sozusagen freilaufend und nach besten Bedingungen aufgewachsen! Jetzt aber laufen sie nicht mehr, die Pilzpfanne war köstlich! 🙂

  • *“It´s a girl“ – Basisrezept von MaischeMalzundMehr***
  • **“Viva Colonia Kölsch“ – im Bild #6 zu sehen: Basisrezept von MashCamp***
  • *** Beide Rezepte mit eigenen Hopfen angepasst

2 Kommentare

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


The reCAPTCHA verification period has expired. Please reload the page.